Anbauen / Abbauen. Regionale Baustoffe für eine nachhaltige Bauweise

Projektzeitraum: 2022 / 2023
Projektleiter: Torsten Birne | torsten.birne@zfbk.de |

Das Vorhaben des Zentrums für Baukultur Sachsen erkundet die Potentiale tradierter Baustoffe für Konzepte nachhaltiger Bauweisen in Sachsen: Holz, Stroh und Lehm, Granit und Porphyr. Die Potentiale der Baustoffe werden auf unterschiedlichen Wegen erkundet und präsentiert: Fahrten in die Industrie- und Baugeschichte der Regionen, Präsentation von Modellprojekten und aktuellen Forschungen, eine Publikation und eine Ausstellung bis Juni 2023.

In der Debatte um den besten Weg zu einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Lebens- und Arbeitsweise gilt das Bauen als Nachzügler. So sehr etwa die Diskussion über die Energieträger der Zukunft schon schwerwiegende konkrete Ergebnisse gezeitigt hat, von denen insbesondere Sachsen durch das Ende der Braunkohleförderung und -verstromung bis 2038 in besonderer Weise betroffen ist, kann der Bausektor solche grundlegenden Weichenstellungen bislang nicht vorweisen. Dabei ist der Sektor als Ganzer betrachtet für etwa ein Drittel allen weltweit emittierten Kohlendioxids verantwortlich. Alle schon getroffenen Maßnahmen, zumindest einen Teil dieser Emissionen zu vermeiden, werden bislang durch das steigende globale Bauvolumen sogar überkompensiert.
Auf vielen Ebenen ist andererseits der Weg zu einer nachhaltigen Bauweise schon beschritten worden. Da sind zu nennen manifestartige Absichts- und Verpflichtungserklärungen wie etwa Das Haus der Erde vom Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (2019), in dem die Abkehr vom Wachstumsparadigma, der Verzicht auf Neubauten zugunsten der Umnutzung und Weiterentwicklung des Bestandes sowie die Wiederverwendung von Baustoffen gefordert wird. Konkreter wird es in den Debatten um das sogenannte ‚smart house‘, in dem die Optimierung der Lebensvorgänge und Energiebilanzen in die Hände einer durchgehenden Digitalisierung gelegt wird. Diesem technik-vertrauenden Zugang steht ein breites Spektrum an Forschung zur sparsameren Materialverwendung etwa bei Beton oder als Leichtbau zur Seite, aber auch – und zunehmend – die rückblickende Wiedereinführung oder Beförderung tradierter Baustoffe wie Holz oder Stroh. Sie können Pluspunkte als nachwachsende Rohstoffe sammeln, spielen im Bauvolumen allerdings bislang eine geringe Rolle.
Es gibt eine zweite Seite: Die regionale Baukultur, die seit geraumer Zeit zunehmend dringlich debattiert wird, was für ein Bedürfnis spricht und ebenso für ein mögliches Unbehagen am aktuellen Baugeschehen. Baustoffe spielen auch hier eine wichtige Rolle, denn die historische Praxis der Verwendung war sehr viel stärker als heute mit dem jeweiligen Vorkommen in einer Region und dem umweltfreundlichen Gedanken der kurzen Wege verbunden. Eine Region erkennt sich wieder in ihren Gebäuden, und die Gebäude der Region erkennen sich wieder in ihren Materialien. Das gilt für das ‚sandsteinerne‘ Dresden und das ‚Porphyrland‘ rund um Rochlitz. In der Lausitz stehen Tür- und Fenstergewände, Sockelzonen und Brunnen für Tradition und Aktualität des Granitabbaus. Das gilt in gleicher Weise – schon in der Moderne – für die Holzbauten von Christoph & Unmack in Niesky.
Das Zentrum für Baukultur Sachsen ist kein Unternehmen, kein Forschungsinstitut und kein Bauherr. Das ZfBK kann einen Diskurs in Gang setzen und Entwicklungen zusammenbringen. Spielt beim klimagerechten Umbau des Waldes das Potential des Holzes als Baustoff eine Rolle? Ist es für einen Landwirt in der Lausitz attraktiv, Stroh als Baustoff zur Verfügung zu stellen? Und lässt sich – etwa für Granit – eine attraktive hiesige Abbauperspektive entwickeln, statt im Kostenwettbewerb den Abbaugebieten in chinesischen Xiamen oder indischen Andhra Pradesh zu unterliegen?
Ziel des Vorhabens ist es, mindestens diese Fragen zu präzisieren und in der Zusammenarbeit Antworten zu finden – mit Abbauunternehmen, Baustoffforschung, Kommunen und Bauverantwortlichen.
Dabei setzen wir eines voraus: Dem Einsatz umweltfreundlicherer Baustoffe wie Holz, Lehm und Stroh stehen keine baustoff-eigenen Grenzen (mehr) entgegen. Die Fragen nach Tragfähigkeit, Brandschutz und Haltbarkeit sind hinreichend erprobt und untersucht. „Marktreif! Regionale Baustoffe in Sachsen“, so der Arbeitstitel der geplanten abschließenden Ausstellung.


Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.