Semper, Selbermachen und andere Stichworte zur Baukultur
13.06. – 30.06.2018 Rauminstallation & Programm
Der Titel des Sommerprogramms im Zentrum für Baukultur Sachsen irritiert und wirft Fragen auf. Denn Baukultur – so die Erkenntnis nach einem Jahr des Bestehens des ZfBK – lässt sich erst in einer langfristigen und langwierigen Auseinandersetzung aufbauen. Ein Nachdenken kann exemplarisch angestoßen werden.
Dieser Aufgabe widmet sich das ZFBK und widmen wir uns mit dieser Ausstellung:
So wurden Stationen entwickelt zu Konsum und Kritik, zu ArchitektInnen in aufgewühlten Zeiten, zum Traum vom Eigenheim und der Veränderung der Welt oder wenigstens der kleinen Dinge.
Einzelne Stationen, die für sich stehen oder im Kontext gelesen werden können. Doch folgt das Programm auch einem, wenn nicht mehreren roten Fäden: Nicht das demonstrativ vorbildliche Gebäude steht im Mittelpunkt, eher eine Annäherung von den Rändern des Bauens und seiner Kultur, aus Richtung des Designs, der Kritik, des Spiels, der Bilder und der Worte. Der Blick geht 170, 40 oder 30 Jahre zurück und wird abgeglichen mit unseren Zeiten.
Schließlich wird die virulente Frage nach dem Selbermachen aufgerufen in seinen Spielarten: Heimwerken, Do it Yourself, ALLES FÜR DEIN PROJEKT und, ob das ausreicht für das gute Wohnen, die Stadt und die Zukunft.
Diese Fäden verdichten sich in Entscheidungen, wie der des Italieners Enzo Mari, das Möbelbauen auf seinen populären Kern zurückzuführen und zur Nachbildung freizugeben. Oder der des Filmemachers Buster Keaton, dem Glücksversprechen des eigenen Heims mit einem surreal-katastrophischen Bauprozess zu begegnen.
Eine Station weiter steht der genaue Blick in die Umgebung und die Erinnerung an ihre Bilder spielerisch auf dem Prüfstand. Eine Ausstellung propagiert den ‚freien Raum’, im deutschen Pavillon befragt nach dem Fall einer Mauer. Der erwähnte Traum vom eigenen Heim mündet in einen anstrengenden Bauprozess (Besser mit Architekten?!), ausgesetzt den Naturgewalten und den Ränken des Nebenbuhlers. Das Leben ändert den Plan.
Und schließlich Gottfried Semper. Der Architekt der Oper und der Gemäldegalerie, noch nie ein Säulenheiliger, trotz des Denkmals auf der Brühlschen Terrasse. Auch er in der Ausstellung nicht präsent mit seinen Bauten. Einige liegen zum Anschauen nahe. Er und seine Frau Bertha sind zu hören im Briefwechsel nach seiner Flucht aus Dresden 1849, in Gänze bislang unveröffentlicht: Ausnahmezustand, scharfe Geister, existenzielle Fragen.
Begleitprogramm:
Eröffnung & Film „Berlin – Chamissoplatz“
>>> Mittwoch 13.6.2018, 18 Uhr
18:00 Uhr: Eröffnung
20:00 Uhr: Film „Berlin – Chamissoplatz“, Rudolf Thomé, 1980 (Ein Architekt verliebt sich in die Freundin eines Hausbesetzers und verändert sich.)
Anschließend Abendausklang mit kühlen Getränken
AdA Object Talk: Stiletto, Short Rest
>>> VERSCHOBEN: Neuer Termin und Ort werden demnächst bekannt gegeben.
Ein kreativitätskritischer Abend über Konsumdesign, Problemgestaltung und Lösungskritik mit dem Designverweigerer Stiletto Studio,s und Dr. Rudolf Fischer / Bettina Lehmann, Archiv der Avantgarden
Gespräch: Schöner Wohnen? – ein Abend zum Heimwerken in West und Ost
>>> Freitag, 22.06.2018, 19 Uhr
Input 1: Jonathan Voges, Historiker, Selbst ist der Mann. Eine Geschichte des Heimwerkens in der Bundesrepublik Deutschland, 2017
Input 2: Teresa Thieme, Kuratorin Stadtmuseum Jena – ‚Man muss sich nur zu helfen wissen. Selbstgemacht in der DDR (Ausst. Ende 2016)
Unsere beiden Gäste haben die Geschichte des Heimwerkens jeweils bis die 1980er Jahre in Archiven, Publikationen und Gesprächen mit Anbietern / Heimwerkern geschrieben und ausgestellt. Das Gespräch kreist um Parallelen und Kontraste zwischen Ost und West und die grassierende Aktualität des Selbermachens.
Unbuilding Walls – Der deutsche Pavillon auf der Architektur-Biennale Venedig
>>> Dienstag, 26.6.2018, 18 Uhr
Vortrag: Lars Krückeberg / Architekturbüro Graft, Berlin
Am 5. Februar 2018 war die Berliner Mauer so lange gefallen wie sie bestand: Diese ‚Mauerwendfeier‘ ist Ausgangspunkt der Präsentation im Deutschen Pavillon auf der Architekturbiennale in Venedig. Beauftragt sind das Architekturbüro Graft aus Berlin in Zusammenarbeit mit der Bürgerrechtlerin, Politikerin und ehemaligen Leiterin der Stasi-Unterlagenbehörde, Marianne Birthler: „Mauern sind immer Bauwerke auf Zeit. Unser Ausstellungstitel stellt die Frage: Was passiert danach? Denn auch wenn Mauern verschwunden sind, hinterlassen sie zumeist besondere Räume.“
Finissage: Material für arme Leute? Zu Produktion und Ästhetik des Ziegelsteins
>>> Samstag, 30.6.2018, 20 Uhr
20 Uhr: Vortrag „Potenzial Ziegel – eine visuelle Exkursion“
Maria Obenaus, Deutscher Werkbund Sachsen e.V.
22 Uhr: Film „Zum Vergleich“, Harun Farocki , 2009, 62 Minuten
Ziegelsteine machen Räume, organisieren Beziehungen und speichern Beziehungswissen. Sie geben Töne von sich, an denen man erkennt, ob sie ‚was taugen oder nicht. Quer durch die Kulturen der Ziegelsteinproduktion gibt Harun Farockis Film das „zum“ Vergleich, den Ohren und Augen zum Denken, und nicht: „im“ Vergleich, nicht in Konkurrenz der Kulturen. Ute Höll
Jeden Samstag (16., 23., 30. Juni) um 16 Uhr Ausstellungsgespräch mit dem Kurator
Veranstalter: ZfBK – Zentrum für Baukultur Sachsen, Eine Einrichtung der Stiftung Sächsischer Architekten
Kurator: Torsten Birne
Wir möchten uns herzlich bei folgenden Personen, Institutionen und Firmen bedanken:
VONOVIA Dresden | KP Medien GmbH Dresden | Lobsterfilms Paris | gta Archiv / ETH Zürich (Bestand: Gottfried Semper) | Roland Züger, Architekt und Journalist, Zürich | Professor Josef Matzerath, Landeshistoriker TU Dresden | Karina Plachetka und Simon Werdelis vom Staatsschauspiel Dresden | Andreas Geissler und Ulrike Mäder von kursiv | text – objekt – raum GmbH | Robert Thiele | Ahmed Al Zarkani | Möbelwerkstatt Antoine Cadot | Archiv der Avantgarden AdA / Staatliche Kunstsammlungen Dresden | Sven Voigt, Filmgalerie Phase IV | Rudolf Thomé | den Technischen Sammlungen der Stadt Dresden | Kunsthaus Dresden – Städtische Galerie für Gegenwartskunst.